Informationen zur Krankheit ME/CFS und meinem gesundheitlichen Zustand

 


Meine Krankheit wird ME/CFS genannt und ist eine neurologische Autoimmunerkrankung. Sie schädigt das zentrale und das autonome Nervensystem und löst eine Vielzahl von Symptomen aus, aktuell sind über 200 Symptome dokumentiert.

https://www.mecfs.de/was-ist-me-cfs/

Der Krankheitsmechanismus beruht einerseits darauf, dass verschiedene Autoimmunkörper systemweit Schäden anrichten. So wird im Hirn beispielsweise die weisse Hirnmasse von den Immunkörpern gefressen, was zum Schrumpfen der Hirnmasse und sogar zum Verschmelzen von Gehirnzellen führt. Durch das gestörte autonome Nervensystem, das sämtliche Prozesse im Körper steuert, sind Atmung, Kreislauf, Herztätigkeit, Blutdruckausgleich, Leber- und Nierenfunktion sowie das Verdauungssystem gestört.

Andererseits verändern sich die roten Blutkörperchen, was zu mangelnder Sauerstoffversorgung im ganzen Körper und damit weiteren Organschäden sowie zu Verklumpungen und damit zu hohem Infarkt-, Lungenthrombose- und Schlaganfallrisiko führt. Salopp gesagt, sind die Symptome dieser Krankheit eine Kombination der Symptome von MS (Kognition und Muskelsteuerung), AIDS (Organschäden und Schmerzen) sowie Alzheimer (Kognition und Nervenkontrolle).

Die Krankheit ist seit 1969 offiziell als Multisystemerkrankung anerkannt. Die Vielschichtigkeit dieser Krankheit macht jedoch die Forschung zu einer extrem schwierigen und undankbaren Angelegenheit. Obwohl es weltweit viel mehr Erkrankte gibt als von MS Betroffene gibt es kein einziges Heilmittel und nur wenige Ärzte, die sich damit auskennen.

Ich werde seit 2022 von der einzigen ME/CFS-Spezialistin der Schweiz ärztlich betreut. Die drei Off-Label-Therapien (AIDS-Medikament, Immunsystemregulator, Protein-Binder) haben jedoch zu weiteren Verschlechterungen geführt. Das ist das Gemeine an dieser Krankheit, dass jeder Therapieversuch das Risiko von Wirkungslosigkeit oder gar Verschlechterung mit sich bringt, weil die Komplexität von ME/CFS jeden Patienten anders reagieren lässt.

Vor zwei Monaten haben wir auf palliative Behandlung gewechselt, nicht zuletzt, weil das Therapieschema bis auf HELP-Apherese-, Immunadsorption- oder Chemotherapie-Blöcke alle sechs Monate ausgeschöpft ist. Ich erhalte starke Blutverdünner, Medikamente für Blutdruck-/Kreislauf-Stabilisierung, fürs Herz und speziell aufs Hirn wirkende Entzündungshemmer/Schmerzmittel. Dank letzteren kann ich wenigstens ein paar Mal pro Tag aufstehen und eine Zeit lang sitzen, kann selber auf die Toilette und mich selber alle paar Tage waschen und umziehen. In den letzten Wochen musste ich jedoch die Dosis alle vier bis fünf Tage erhöhen, um meine Selbstversorgung erhalten zu können. Dies war für mich das Zeichen, dass es Zeit ist, zu gehen.

Meine Fachärztin hat dazu geschrieben:

«Die Prognose von ME/CFS ist leider sehr schlecht. Es gibt keine zugelassene Therapie, es ist nicht mit einer Verbesserung des Zustandes zu rechnen. Es ist auch keine Therapie am Horizont, so dass nicht mit einer baldigen Heilung zu rechnen wäre.

 Sämtliche bisherigen Therapieversuche hatten die Symptome von Frau Caviglia nicht verbessert, viele sogar noch verschlechtert (Crash, Post-exertional malaise). Deswegen ist Frau Caviglia nachvollziehbar zurückhaltend. Selbst im besten Fall würde ich nur leichte Verbesserungen erwarten, nicht eine Wiederherstellung einer für sie erträglichen Lebensqualität.

Frau Caviglia wurde über die verbleibenden Optionen ausführlich informiert und ist auch selber sehr gut informiert. Immuntherapien wie HELP-Apherese oder Immunadsorption wären extrem belastend und mit dem Risiko behaftet, eine andauernde Verschlechterung herbeizuführen. Sie hat sich deswegen dagegen entschieden.

Frau Caviglia ist absolut urteilsfähig, ihr Sterbewunsch ist konstant, wohl erwogen und aus dem eigenen Willen heraus. Sie ist eine äusserst differenzierte Frau, die hervorragend über ihre Erkrankung, die Therapieoptionen und Prognose informiert ist und die Konsequenzen vollumfänglich erkennt.»

Nicht nur keine Lebensqualität, sondern auch Schmerzen und drohender schmerzhafter Tod

Lebendig begraben zu sein ist das eine. Dabei aber auch noch Schmerzen zu haben wie eine schwere Migräne, Grippe mit 40 Grad Fieber sowie übelster Seekrankheit erdulden zu müssen, das andere. Ich «durfte» in mehreren Crashes (offiziell PEM, https://www.mecfs.de/was-ist-me-cfs/pem/) bereits diese nächste Stufe kennenlernen und bin nur dank der starken Medikamente in der Palliativ-Versorgung nicht vollständig bettlägerig.

«Eigentlich wünschst Du Dir jede Nacht einzuschlafen, aber nicht mehr aufzuwachen.» Dies sagt Faraz in dieser rund 8-minütigen Doku zu ME/CFS: https://www.youtube.com/watch?v=TTlQHHnTDIs

Hinzu kommt, dass ME/CFS oft eine spezielle Krebsart auslöst oder durch Organversagen zum Tod führt. Das «Pschyrembel Klinische Wörterbuch» listet im Artikel «Chronisches Fatigue Syndrom» (www.pschyrembel.de/Chronisches%20Fatigue-Syndrom/K0772) folgende Todesarten und Lebenserwartungen auf:

  • Anzahl der Todesfälle durch Krebs (insbesondere Non-Hodgkin-Lymphomen, (https://flexikon.doccheck.com/de/Non-Hodgkin-Lymphom) und Herzversagen bei CFS-Patienten signifikant erhöht
  • Lebenserwartung von krebserkrankten CFS-Patienten um 20 Jahre verkürzt (47,8 Jahre versus 70 Jahre)
  • bei Herzversagen Todesalter von CFS-Patienten 25 Jahre niedriger als durchschnittliches Todesalter bei Herzversagen (58,7 Jahre versus 83,1 Jahre)

Und als häufigste Todesursachen bei CFS-Patienten:

  • 20,1 %: Herzversagen
  • 20,1 %: Suizid
  • 19,4 %: Krebs
  • 11,1 %: Komplikationen durch CFS (z. B. Infektionen, Medikamentenunverträglichkeit, Nierenversagen, Ateminsuffizienz).

Wer sich stärker ins Thema einarbeiten und mehr erfahren will, dem sei die preisgekrönte Doku «Unrest» zu ME/CFS aus dem Jahr 2017 empfohlen. Man kann sie kostenlos auf YouTube ansehen, auch mit deutschen Untertiteln: https://t.co/MmhsD2v8NnyVxco

Freie Meinung, freie Wahl

Selbstverständlich darf man der Meinung sein, dass mein Schlussstrich mit Exit unangemessen ist. Nur: Behaltet eure Meinung für euch. Vor allem gegenüber den lieben Menschen, die mich in meiner Krankheit begleitet und mich umsorgt haben. 

So oder so wünsche ich euch von Herzen alles Gute ❤

 

Did you know that #MECFS is one of the most severely debilitating chronic illnesses? The level of functional impairment is comparable to multiple sclerosis, AIDS, end-stage renal failure, and chronic obstructive pulmonary disease (CDC press briefing, 3 Nov 2006). #MEAwarenessHour

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Die #Lebensqualität von Menschen mit #MECFS ist die niedrigste aller Erkrankungen inkl. Krebs, Hirnschlag, Diabetes, Rheuma. Betroffene leiden unter der Krankheitslast, während die Ärzteschaft mehrheitlich glaubt #pwME seien #LazyOrCrazy.

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„Menschen mit #LongCovid und #MECFS sind mit großer Ungläubigkeit konfrontiert. Aber die Realität und Schwere ihrer Erfahrungen wird so offensichtlich, wenn man tatsächlich mit ihnen spricht, gestützt auf die wissenschaftliche Literatur und verdient Empathie und Unterstützung.“

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ME/CFS zu haben heisst, lebendig begraben zu sein. Alles, was menschenwürdiges Leben ausmacht, existiert nur noch als Erinnerung. Dass viele dies als psychisches Problem verunglimpfen, verhindert Heilmittelforschung, Unterstützung und im schlimmsten Fall sogar einen würdigen Tod.


Quelle: https://twitter.com/hashtag/MEcfs?src=hashtag_click

 

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