Das Leiden der ME/CFS Kids

Ich kann auf ein schönes, ereignisreiches und erfolgreiches Leben zurückblicken. Ich bin zweifache Mutter und vierfache Grossmutter. Auch wenn mich die Diagnose #MECFS hart trifft, so gibt es viel härtere Schicksale als meines. Wenn junge Eltern mit kleinen Kindern betroffen sind, beispielsweise, oder wenn es Twenties am Beginn ihrer beruflichen Karriere oder ihrer Familienplanung trifft. Am schlimmsten empfinde ich es aber, wenn Kinder und Jugendliche von #LongCovid oder seiner schlimmsten Form, ME/CFS, betroffen sind.

Das ist unglücklicherweise gar nicht so selten. Leider werden in der Schweiz die Daten nicht erhoben. Aktuelle Zahlen aus Grossbritannien sind jedoch erschreckend hoch (siehe Tabelle, Quelle: https://tinyurl.com/2boew6p2).


In Deutschland haben Forschende der Uniklinik Dresden Daten der Krankenkassen ausgewertet, um die Häufigkeit von Langzeit-Symptomen nach einer Covid-19-Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen festzustellen. Sie stellten fest, dass gesundheitliche Probleme nach einer Infektion bei 30 Prozent der Heranwachsenden auftauchen. (Quelle https://tinyurl.com/235wm7yc)

Wenn schon Erwachsene in die Psychosomatik gedrängt werden, könnt ihr euch sicher gut vorstellen, wie es betroffenen Kindern und deren Eltern geht. Oft wird den Eltern eine psychische Störung wie beispielsweise das Münchhausen-Syndrom unterstellt, nicht selten greifen Jugendamt/KESB ein, um das Kind vor seinen krankmachenden Eltern «zu schützen».


Entzug der elterlichen Gewalt, Zwangsbeschulungen

Sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland gibt es KEINE EINZIGE Anlaufstelle für an #LongCovid und seiner schlimmsten Ausprägung #MECFS erkrankte Kinder und Jugendliche. In den ein bis zwei Jahren, die es dauert, bis ein Kind mit ME/CFS diese Diagnose auch erhält, ist die Krankheit in vielen Fällen bereits rasant und oft bis zur vollständigen Invalidität fortgeschritten. Durch von aussen verordnete Aktivierungs-Therapie, durch Zwangsbeschulung, aber auch durch den bei Kindern besonders stark vorhandenen Trieb, über die eigenen Grenzen zu gehen.

In Deutschland fordert der Verein «Bildung aber sicher» vehement Unterstützung für Kinder und  Jugendliche, die an #MECFS und #LongCovid erkrankt sind. Konkret lauten die Forderungen:

  • mehr Spezialkliniken
  •  kein Zwang zum Sportunterricht
  • Online-Unterricht
  • keine Androhung von Kindesentzug

#BildungAberSicher, @BildungSicher, bildungabersicher.net ist eine Social-Media-Graswurzel-Initiative, in der sich Eltern, Lehrer:innen, Erzieher:innen, Schüler:innen und engagierte Menschen für mehr Infektionsschutz in Schulen und Kindergärten einsetzen. Unsere Überzeugung ist, dass jedes Kind und jede:r Schüler:in auch in einer Pandemie ein Recht auf Bildung hat, dessen Erfüllung nicht die Gesundheit und das Lebens der Schüler:innen oder deren nächsten Angehörigen gefährden darf.

Studie für ME/CFS-Schulmodell startet

Auch andernorten verbünden sich Eltern und kämpfen für die Rechte (und die Behandlung) ihrer Kinder. In Deutschland haben sie einen ersten Teilsieg errungen, hier startet dieser Tage im Rahmen einer Studie ein «gezieltes Schulungsangebot für betroffene Kinder, Jugendliche und deren Eltern. Die Schulungen erfolgen innerhalb des Forschungsprojekts ‘Bayerisches Netzwerks zur Erforschung von ME/CFS (BAYNET FOR MECFS)’ und wird vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (StMWK) gefördert. Sie ist ein gemeinsames Projekt der Uniklinik-Standorte München und Würzburg.»

«Die Betroffenen sind schwer chronisch krank und leiden unter der geringen Belastbarkeit mit Fatigue enorm.- […] Die Anforderungen im Schulalltag oder im sozialen Umfeld sind in der Regel nicht mehr zu bewältigen – bis hin zur Bettlägerigkeit» beschreibt Prof. Dr. Juliane Spiegler, Leiterin des Sozialpädiatrischem Zentrums am UKW das Krankheitsbild in der offiziellen Pressemitteilung (https://tinyurl.com/296g4mg9).

Schulungen finden online statt

Und weiter: «Ein Ziel der Schulungen, die online stattfinden, ist die Anleitung zum sogenannten ‘Pacing’, also das Einteilen und Managen der eigenen Kraft-Reserven, die durch die Erkrankung stark reduziert sind.» «Gerade das ist aber nicht einfach für Kinder und Jugendliche, die zuvor oft sehr aktiv waren, sei es im Sport oder in der Musik, und auf einmal einfach keine Kraft mehr dafür und für ihren Alltag haben»“, beschreibt Prof. Spiegler den Leidensdruck. Auch aus diesem Grund wurde bereits in einem Pilotprojekt vor Schulungsbeginn getestet, wie lange die Dauer der Schulungen überhaupt sein können. Das Ergebnis: Die ursprünglich geplanten 45 Minuten waren für Betroffene zu lang, daher ist für diese nun eine Schulungseinheit von rund 25 Minuten geplant. Die Teilnehmerzahl ist für jede einzelne Schulungsreihe auf sechs bis acht Personen limitiert. Spiegler: «Auch das ist ein wichtiger Faktor: Die Jugendlichen lernen andere Jugendliche und Eltern andere Eltern kennen, denen es genauso geht. Der Austausch kann enorm unterstützend sein.» Ebenso wichtig sei das Gefühl, ernst genommen zu werden.

Inhalte für Betroffene, Eltern, Geschwister und Lehrkräfte

Innerhalb der Schulungsreihe gebe es spezielle Angebote für Betroffene, Eltern, Geschwister und Lehrkräfte. «Für Eltern und Geschwister ist es natürlich eine starke Belastung und grosse Sorge. Bei den Lehrkräften geht es darum, Wissen und Akzeptanz zu vermitteln, da die Erkrankung bislang wenig in der Gesellschaft bekannt ist», erläutert Prof. Spiegler. Sie wisse auch: «Die Erkrankung geht oft mit einer Vielzahl von Arztbesuchen verschiedener Fachdisziplinen einher – nicht selten verbunden mit der Suche nach dem ´heilenden Medikament´. Nur: Dieses eine Medikament gibt es bislang nicht. Aktuell steht eine sorgfältige symptomorientierte Versorgung im Vordergrund. Dadurch wird die Versorgung aufwändiger. Die Akzeptanz dafür fällt oft auf allen Seiten schwer.»

Wunsch an Schweizer Politik/Schule/Ärzte

Ich würde mir sehr wünschen, dass auch hierzulande Long Covid und ME/CFS bei Kindern ernst genommen und neue Schulungsmodelle angedacht würden. Es kann doch nicht sein, dass Betroffene sämtliche Lebensperspektiven verlieren, Schule und Ausbildung komplett abbrechen oder bis zu einer Heilung (falls überhaupt möglich) pausieren müssen.

Sofortige Hilfe notwendig

Bereits im Herbst letzten Jahres schrieb der Verein Long Covid Kids Schweiz in einem offiziellen Apell an Medien und Politik: «Auch wenn die Aussicht auf Heilung bei Kindern und Jugendlichen mit Long Covid und/oder ME/CFS besser ist als bei den Erwachsenen, werden einige chronisch krank bleiben – zum Teil auch schwer. Deshalb braucht es dringend:

  • ·         Offizielle Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche mit Long Covid und deren Familien
  • ·         Ein Register zur Erfassung von Long Covid-Fällen
  • ·         Kohortenstudien
  • ·         Forschungsförderung und klinische Studien, welche die Wirksamkeit und Sicherheit von Behandlungsansätzen untersuchen
  • ·         Aufbau eines Kompetenzzentrums für postinfektiöse Erkrankungen in der Schweiz für Erwachsene, Kinder und Jugendliche, analog dem Fatigue-Centrum in Berlin. https://cfc.charite.de/
  • ·         Unbürokratische finanzielle Hilfe für Eltern, die durch die Long Covid-Erkrankung ihrer Kinder in finanzielle Not geraten
  • ·         Finanzierung von Online-Bildungsangeboten (beispielsweise Swissonlineschool) durch die Kantone für Kinder und Jugendliche mit Long Covid sowie Bezahlung von Einzelunterricht für Kinder und Jugendliche mit Long Covid, die fast nicht mehr oder gar nicht mehr den Präsenzunterricht besuchen können.»

Passiert ist seither … ihr erratet es sicher … nichts!


Videos und weiterführende Links

Bitte beachtet auch das Video der @unicef zu Long Covid bei Kindern (Direktlink: www.unicef.org/parenting/health/long-COVID-children).


Ein PDF-Leitfaden auf deutsch ist hier zu finden: https://tinyurl.com/28d8j2ez

Facebook-Gruppe für Kids und Angehörige: www.facebook.com/groups/longcovidkinder

Long Covid Kids Schweiz ist eine Gruppe, wo sich Betroffene über Long Covid-Symptome bei Kindern und Jugendlichen austauschen können. Die Gruppe steht sowohl Eltern von betroffenen Kindern sowie Jugendlichen offen. Die Hauptsprache ist Deutsch, aber Posts in allen Sprachen sind willkommen. Webseite: https://longcovidkids.ch/

Internationale Organisation: www.longcovidkids.org

Blog einer Mutter: www.stadtlandmama.de/content/long-covid-kind

Twitter-Accounts betroffener Mütter :

https://twitter.com/MariaWagnerBER

https://twitter.com/Arizona10238417

https://twitter.com/Kassandra2_0

https://twitter.com/MadamAmsel

 

PS: Ich habe jetzt ziemlich lang an diesem Beitrag gehabt, musste ihn stückchenweise über mehrere Tage verfassen. Das Thema geht mir sehr nah. Ich weiss genau, was diese Krankheit auslösen kann und wie sich das anfühlt und die Vorstellung, dass ein Kind so etwas durchleiden muss, ist sehr belastend.

#mecfsawareness #MECFS #normalitätssimulationsintermezzo

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