🧨#PEM 🧨 #Crash 🧨 Bäng 🧨


 


Nach einer ruhigen Nacht bin ich heute wieder in der Lage, zu schreiben. Aber nur, weil ich dafür Gespräche und Telefonate sowie andere anstrengende Denkleistungen vermeide. Irgendwie reicht es nicht für beides und so kann ich heute keinen einzigen Satz sprechen, wenn ich was gefragt werde. Weil mir die Worte fehlen oder ich nach dem Gefragt-Werden schon nicht mehr weiss, worum es überhaupt geht.

Dass geschriebene Sprache heute wieder einigermassen funktioniert, habe ich als erstes für mein letztes Mandat genutzt. Nachdem ich nun zwei, drei Arbeiten für die kommende «Hunde»-Ausgabe erledigen konnte, möchte ich über das #MECFS-Leitsymptom PEM schreiben.

PEM heisst Post-Exertional Malaise und wird verniedlichend auch Belastungsintoleranz genannt. Ich fände «tödlicher Treibsand» eine bessere Bezeichnung. Denn PEM bedeutet Crashs nach Aktivität. Egal welcher Art. Sobald man an seine Grenzen geht oder gar darüber hinaus, folgt ein Crash. Je nach Anstrengung bringt ein Crash unterschiedliche Symptome mit sich. Von völliger Kraftlosigkeit zu unglaublichen Schmerzen über völlige Debilität bis hin zu Fieber und Schüttelfrost ist alles möglich. Übrigens kann man auch von einem guten Witz oder einem emotionalen Film crashen.

 

Und darum sollte PEM tödlicher Treibsand heissen. Denn das überaus Gemeine an ME/CFS ist, dass je aktiver und arbeitswilliger ein Mensch ist, je mehr er oder sie versucht, gegen die Krankheit anzukämpfen oder seine Leistungsfähigkeit zu erhalten, umso schneller sinkt er oder sie darin ein, umso schneller schreitet die Krankheit fort. Die Faustregel lautet: An ME/CFS erkrankte Menschen sollten maximal 50 Prozent von dem tun, was sie sich nach aktuellem Befinden zutrauen, um ihre Krankheit zu stabilisieren. Das ist unvorstellbar schwer einzuhalten. Und während man im Crash liegt, weiss man nie, ob der Zustand nun so das neue Normal ist, sprich, bleibt, oder ob er vorübergehend ist. Das ist unvorstellbar stark belastend.

 

Aktivieren bis zur Vollinvalidität

 

Wenn ME/CFS nun wie eine «normale» Fatigue, wie man sie auch bei Krebserkrankungen kennt, oder wie eine Depression behandelt, dann bringt das den Patienten schneller um als ihm oder ihr und seinen Angehörigen lieb ist. Aktivierungstherapie ist in hohem Masse schädlich und manch ein ME/CFS-Patient verliess die Rehaklinik, die er auf eigenen Füssen betreten hatte, im Rollstuhl oder gar liegend.

Auch mit anderen Erkrankungen vertraute Fachpersonen wissen das oft nicht und so erstaunt es nicht, dass eine grosse Patientenorganisation mir ihren Leitfaden für Fatigue-Therapie schickte, worauf ich sie gehörig zusammenstauchte. Vielleicht können sich ja Krebskranke nach den Operationen und Medikamententherapien nicht mehr richtig bewegen und können mittels Reha aufgebaut werden, an ME/CFS Leidende wollen unbedingt mehr machen, als sie dürfen und müssen deshalb gebremst werden.

Das verstehen auch viele Rehakliniken nicht, weshalb unterdessen von mit ME/CFS vertrauten Spezialärzten von Rehaverschreibungen abgeraten wird. Es wäre schön, wenn auch Versicherungen und Rentenverwalter sich entsprechend informieren würden. Womit wir beim Thema Psychosomatik wären. Denn weil ME/CFS eine Multisystem-Erkrankung ist, die auf einzelne Aspekte spezialisierte Ärzte oder Allgemeinmediziner ohne adäquate Weiterbildung hoffnungslos überfordert (und leider im normalen Medizinstudium kaum oder gar nicht stattfindet), flüchtet man sich gern in eine psychosomatische Diagnose. Dass das nicht gut ausgeht, könnt ihr euch sicher vorstellen. Doch mehr dazu morgen … oder so.Weiterführende Links:

https://www.mecfs.de/was-ist-me-cfs/pem/

ME/CFS-Patienten-Leitfaden zur Vermeidung von PEM:

https://www.omf.ngo/wp-content/uploads/2019/09/PEM-Avoidance-Toolkit-Deutsch.pdf

Post-COVID-Syndrom mit Fatigue und Belastungsintoleranz: Myalgische Enzephalomyelitis bzw. Chronisches Fatigue-Syndrom:

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9281337/

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